Verantwortungsloser Wohlstand
Wir Menschen bezeichnen uns als intelligent und führen dies als entscheidendes Kriterium gegenüber den Tieren ins Feld, sind aber trotzdem begrenzt. Selbiges verhindert daher erfolgreich erkannt und schon gar nicht akzeptiert zu werden. Von Begreifen ist dabei noch lange nicht die Rede. Mit unseren Anlagen wäre zwar viel mehr möglich, würde aber einen anderen Lebensstil bedeuten. Dieser würde sich aber konträr zum dominierenden Verlangen verhalten, weshalb mit der Eliminierung dieser angeborenen Fähigkeiten frühzeitig begonnen wird.
Als Folge sind wir in der Lage Dimensionen zu erfassen, aber nicht zu begreifen. Wenn in Indonesien pro Stunde eine Fläche in der Größe von zehn Fußballfeldern gerodet wird, ist das vielleicht ein verständlicher Vergleich, erschließt uns aber nicht die Vorstellung des gesamten Ausmaßes – erst recht nicht Folgen und Zusammenhänge.
Genauso verhält es sich bei der Größe unserer Erde. Wir können die nackten Zahlen betrachten, in Russlands Taiga oder der Sahara stehen und doch nur alles bis zum Horizont erfassen. Es spielt keine Rolle, ob uns die Komplexität überfordert, sie steht unseren Bestrebungen nach Dominanz im Weg. Je nach Stellung verlangen unsere Herrschaftsallüren nach der Unterwerfung und Inbesitznahme alles erreichbaren. Wir können nur auf den Rücken anderer aufsteigen und über andere erheben, wozu auch natürliche Ressourcen zählen.
Die Begriffe Wohlstand, Reichtum und Besitztum mögen sich im Detail unterscheiden, zielen aber inhaltlich auf die gleiche Bedeutung ab: mehr haben, mehr sein, als andere. Allgemeiner Konsens ist, dass wir dafür nicht nur sprichwörtlich über Leichen gehen. Denn auch wenn nur die wenigsten ihren Finger direkt an den Abzug einer Waffe legen, erreichen sie mit ihren Entscheidungen vergleichbare Wirkungen. Hier greift ihnen erwähnte Begrenztheit unter die Arme. Würde sich jeder die Kette seiner Entscheidungen vor Augen führen, hätten wir eine andere Welt. Weil uns aber der eigene Wohlstand über alles geht, interessieren wir uns nicht für die grausamen Auswirkungen. Aus selbem Grund weisen wir sowohl Schuld, als auch Verantwortung von uns.
Kaffee in kleinen Aluminium Kapseln sind schick und bequem. Hingen im Supermarkt am Regal Bilder von der zerstörten Natur und an den Folgen verstorbenen Menschen, würden wahrscheinlich weniger zugreifen. Allerdings zeigen die abschreckenden Bilder auf Zigarettenschachteln, dass wir Menschen trotzdem noch immer stärker an die Erfüllung unseres Wohlgefallens denken, als uns mit den Folgen zu beschäftigen. Selbst, wenn uns der Genuss krank macht und einen verfrühten Tod beschert.
Koste es, was es wolle, reflektiert den unsichtbaren Teil unseres Lebensmottos; den sichtbaren Geiz ist geil. Wir wollen alles zum kleinen Preis. Wieder gaukelt uns die Begrenztheit vor, dass diese Einstellung vollkommen in Ordnung ist, schließlich geht es ja um unser persönliches Wohl. Dass die tatsächliche Rechnung weitaus umfangreicher und weitreichender ist, liegt außerhalb unseres Horizonts und kommt daher nicht zum Tragen.
Wirtschaft wird von Menschen betrieben und unterscheidet sich von der Einzelperson nur durch die um ein vielfaches größere Macht. Wie ein monströser Staubsauger saugen Großunternehmen Kapital und Ressourcen aus Märkten und Böden. Verheerend ist dabei, dass die eigentlich als regulierende Schicht installierte Politik sich an diesem desaströsen Unterfangen beteiligt. Da aber über alle Grenzen, Ebenen und Schichten die gleiche Denkmentalität, inklusive Begrenztheit, vorherrscht, verwundert der gemeinschaftliche Raubzug nicht.
Mit der eingangs erwähnten Intelligenz verschaffen wir uns lediglich Werkzeuge, um die Geschwindigkeit bei der Ausbeutung voranzutreiben. Wie ein Krebsgeschwür töten wir unsere Lebensgrundlage. Was nach einer mehr als dämlichen Vorgehensweise anmutet, lässt sich wieder einmal mit vorliegender Begrenztheit erklären. Wir können die zeitlichen Dimensionen nicht begreifen. Wenn unser Handeln sich in 100 Jahren auswirkt, erfassen wir zwar die Zahlen, nicht aber den komplexen Zusammenhang. Die meisten von uns ausgelösten Vorgänge liegen außerhalb unseres Horizonts und Betroffenheit, womit sie irrelevant werden.
Wir könnten anders, scheitern aber bereits an der Vorstellung. Darum gehen wir stur auf dem eingeschlagenen Weg, ignorieren Warnschilder und achten lediglich darauf, möglichst unversehrt an unser eigenes Ende zu gelangen. Bezüglich Begrenztheit dürften wir der Vollkommenheit nahe sein. Die Verschwendung unseres Potentials ist bedauerlich und eine Schande.
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