01. September 2019 – Anstatt eines Vorwortes I

Lieber Mitmensch,

vielleicht denkst Du manchmal darüber nach, warum Menschen das Zusammenleben auf dem Planeten bisher nicht so gestalten, dass allen Lebewesen dauerhaft ein würdiges Dasein möglich ist. Was können wir Menschen tun und wie können wir es erreichen, dass die Erde zu einem guten Ort wird? Nichts anderes bedeutet Eutopia: guter Ort. Mich beschäftigt dieses Thema seit meiner Kindheit. Obwohl ich die Dinge inzwischen differenzierter betrachte, bewegen mich noch die gleichen Fragen. Denn trotz aller Entwicklung wurden die damaligen Probleme auf dem Globus nicht gelöst. Ganz im Gegenteil, viele verschärften sich. Rasante Fortschritte in Wissenschaft, Technologie und Technik täuschen darüber hinweg, dass sich die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft seit Jahrtausenden nur im Schneckentempo und in engen Grenzen vollzieht. Menschenunwürdige Unterdrückung und Ausbeutung existieren heute ebenso wie zu Zeiten der Sumerer. Perfektioniert und nahezu unsichtbar. Modern ausgedrückt: Effizient. Viele Menschen im Jetzt sind sich dessen nicht bewusst.

Schaue ich auf die Welt, sehe ich, bei aller Schönheit der Erde und des Lebens, vor allem überall Unmenschlichkeit. Mitmenschen sterben durch Krieg, Terror und Hunger. Mitmenschen fehlt der Zugang zu sauberem Wasser und zu ausreichender medizinischer Betreuung. Mitmenschen erfrieren schutzlos unter freiem Himmel, weil sie sich kein Dach über dem Kopf leisten können. Tiere vegetieren in qualvoller Massenproduktion und warten auf ihre »Erlösung« durch Massenexekutionen. Die Meere, Flüsse und Seen werden leer gefischt und gleichzeitig verdreckt. Vögel und Fische verhungern bei vollen Mägen. Mit Plastik gefüllt. Wälder werden in gewaltigen Ausmaßen vernichtet. Lebensräume zerstört. Mitmenschen verwüsten und kontaminieren landwirtschaftliche Nutzflächen. Die Qualität des Grundwassers und der Nahrung leiden. Schädliche Chemikalien entweichen aus Spielzeug und Textilien. Zusätzlich wird die Atemluft vergiftet. Müll kreist inzwischen sogar im Orbit. Diese Aufzählung ist natürlich nicht vollständig. Menschen organisieren unter Führung von Experten das globale Chaos. Ich bin verantwortlich. Du auch.

»Ich hätte viele Dinge begriffen, hätte man sie mir nicht erklärt.« (Stanislaw Jerzy Lec)

Dieser Situation gegenüber stehend, beginnen viele Menschen mit Schuldzuweisungen. Urteilen ist einfacher als denken. Selten schaffen Urteile Grundlagen für Konsens oder Entwicklung. Nein, es ist keine Frage der Schuld. Der Schuldmythos steht allerdings fast immer mit den vom Menschen verursachten Probleme im Zusammenhang. Er ist ein gefährliches Herrschaftsinstrument. Mir wurde dieser Umstand erst vor ein paar Jahren klar. Um dies nachzuvollziehen muss man sich tatsächlich einmal zurückziehen und in Ruhe über wirklich alles nachdenken. Nur, wer kann und macht das schon? Fragen wie die Kinder. Warum, warum und wieder warum? Ich bin mir darüber im Klaren, dass es schwer ist, alles Gelernte und Bestehende in Frage zu stellen. Schließlich hat man für vieles intensiv gepaukt, studiert und vielleicht sogar Prüfungen dazu abgelegt. Ja, das ist tragisch. Ein Dilemma. Denn es hat den Anschein, dass die Menschheit auch vor einem Bildungsproblem steht. Dieses gestaltet sich anders, als Du jetzt möglicherweise annimmst. Ich komme darauf zurück.

Albert Einstein äußerte einmal: »Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.« Das bedeutet nicht, dass alles, was bestand, besteht oder gelehrt und erlernt wurde, unbrauchbar wäre. Aber es bedeutet, dass man scheinbar unlösbare Fragen ergebnisoffen vom Beginn an nochmals überdenkt. Ein Perspektivwechsel wird dann unausweichlich. Vermutlich fand die Menschheit sogar im Laufe ihrer Geschichte schon längst Konzepte und Lösungen. Wahrscheinlich existieren in der Gegenwart zahlreiche Ideen zu Problemlösungen. Ich werde Dir meine in den folgenden Briefen erläutern.

Von Grund auf neu denken. Wer dies nicht tut, wird weiterhin in bestehenden Denkmustern gefangen bleiben und ist auf politische, ökonomische und juristische Führer und die von ihnen ernannten und selbsternannte Experten angewiesen. Die wesentliche Schwierigkeit dabei ist, dass sich weder die Welt noch das Leben mit Politik, Ökonomik und Juristik erklären und menschlich gestalten lassen. Daher erdenken Anführer Regeln und fassen diese in Gesetze. Offene und verschleierte Zwänge und Dogmen. Über Erziehung, Bildungssystem, Religionen, Moralvorstellungen, Ideologien, Medien, ... wird den Menschen glauben gemacht, dass alles alternativlos sei. Sie werden zu glaubenden Konsumenten, Befehls- und Weisungsempfängern (im Volksmund Angestellte und Arbeitnehmer genannt), zu passiven Untertanen, dem Gegenteil von aktiven, selbstbewusst handelnden Machern, welche sich nicht gegen Geld (Einkommen) vermieten. Mit dem Blick der Verfechter der bestehenden Ordnung ist das nur zu verständlich. Die gesellschaftlichen Führer setzen das konkludente Verhalten ihrer Mitmenschen einfach voraus und sprechen ihnen gleichzeitig ab, für sich selbst denken und handeln zu können. Menschen werden in so eine Gesellschaft seit Jahrtausenden Menschen hinein geboren. Auch Du und ich.

Macht- und Gewaltmonopole und zum Zentralismus neigende hierarchische Herrschaftsgefüge ermöglichen das bestehende gesellschaftliche Konstrukt. In einer Zeit, in der man stets und ständig nach Wissenschaft und deren Experten ruft, ist es erstaunlich dass der real existierende gesellschaftliche Status quo nicht auf wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen beruht. Die unwissenschaftliche Willkürherrschaft wird hinter ökonomischen und juristischen Zwängen und vielen weiteren Floskeln und Begriffen versteckt. Dabei basiert sie auf einfachem dualistischem Denken. Denken in einer Dimension. Denn in dieser Gesellschaft kann ich nur mehr haben, wenn Du weniger hast. Mein Gewinn ist Dein Verlust. In einer multidimensionalen Welt erweist sich diese Organisationsform der menschlichen Gesellschaft als großes Problem. Dafür alternativlose Regeln und Gesetze zu erfinden, ist keine Wissenschaft.

Ich wollte Dir einen knappen Eindruck darüber vermitteln, worum es in den nächsten Briefen gehen wird. Eine Wanderung nach Eutopia. Ich thematisiere nicht Chaos und Zerstörung – keine Schwarzmalerei –, sondern Chancen und Möglichkeiten. Ja, ich bin davon überzeugt, dass die Menschen es schaffen, eine Transformation der bestehenden Verhältnisse zu realisieren. Sie werden Eutopia errichten. Ich unterbreite meine Ideen und Vorschläge und vor allem zeige ich, wie ich sie herleite. Ich weiß, dass ich weder allwissend noch unfehlbar bin. Ich erhebe keinen Anspruch auf Objektivität. Es kann und soll einfach ein Anfang sein. Sicher werden Dir, wenn Du beginnst selbst nachzudenken, andere Ansätze, Wege und oder Ergänzungen in den Sinn kommen. Es wäre wunderbar.

Liebe Grüße

Dein Mitmensch